Internationale Olympiajollen Union Deutschland e.V.
Die
Geschichte der Olympischen Bootsklasse von 1936
Original-O-Jolle von 1936 in Dauerausstellung
Die
Entstehungsgeschichte der Olympiajolle hängt bekannterweise eng
mit der Olympiade 1936 zusammen, für die ein neues Einhandboot
konstruiert werden sollte, um die bis dahin verwendeten 12-Fuß
Dingis (etwa 9qm Segelfläche) und das amerikanische
Monotyp-Scharpie (etwa 8 ½ qm Segelfläche ) zu ersetzen.
Der Hamburger Dr. Edgar Behr, der 1932 für Deutschland in der
Jollenklasse bei den Olympischen Spielen vor L.A. segelte,
unterstützte diese Idee:
"Bei den Olympiaausscheidungen auf der Müggel (Mai 1932)
hatten unsere Steuerleute bestens Gelegenheit, sich davon zu
überzeugen, wie wenig geeignet das relativ langsame Dingi für
hochklassige Rennen ist. Das gleiche kann ich von dem in Los
Angeles gesegelten Monotyp-Scharpie Dingi behaupten, dessen
Bootskörper ein mehr oder minder primitiv zusammengeschlagene
Kasten mit nur etwa 12 cm Tiefgang ist. Die Schaffung der neuen
Olympiajolle ist also eine sehr dankbare Aufgabe".
Nachdem der Dahme Jacht Club 1932 auf dem Bundestag des Deutschen Seglerbundes einen Antrag auf Schaffung einer für Binnengewässer brauchbaren Einmannjolle für Olympia gestellt hatte, wurden schon kurz darauf die wesentlichen Bauvorgaben für den neuen Typ herausgegeben: Rundspantboot, karweel geplankt, gerader Mast mit 10 qm Cat-Hochtakelung, 4 Latten im Segel, Länge 5 m, Breite 1,5 m, Freibord vorn mindestens 50 cm, Schwert (mind. 5 mm) im festen Bolzen drehbar, Tiefgang mit Schwert höchstens 1 m. Stärkenabmessungen sollten denen der 10 qm Bundeswanderjollen entsprechen.
Der Riß des
neuen Bootes findet seinen Ursprung in frühen Entwürfen des
Jollenkonstrukteurs Reinhard Drewitz, der als Mitglied der schon
1908 gegründeten Wettfahrtvereinigung Berliner Jollensegler die
Entwicklung der Jollenkonstruktionen entscheidend beeinflußte.
Die Berliner Segler dieser Vereinigung setzten die Akzeptanz der
Jollensegelei gegen die Widerstände im Deutschen Segler Verband
durch, der kleinen Booten keine rechte Daseinsberechtigung
zugestehen wollte.
Drewitz Risse und Konstruktionen um 1912 lassen schon deutliche
Übereinstimmungen mit der späteren O-Jolle erkennen. Dem
aufmerksamen Leser und Kenner der Materie ist natürlich
aufgefallen, daß die uns geläufige O-Jolle von den obigen
Maßen abweicht.
In der Tat war es so, daß im Jahre 1933 ganze Versuchsreihen mit
ersten einander ähnlichen, aber noch unterschiedlichen
Olympiajollen gesegelt wurden und man die Eigenschaften der Boote
dann analysierte. Drei von Drewitz konstruierte Jollen nahmen
übrigens an diesen Test-Wettfahrten teil. Konstrukteure,
Technischer Ausschuß und Segler, unter ihnen auch Hellmut
Stauch, kamen in der Folgezeit zusammen, um Erfahrungen
auszutauschen und die Olympiajolle noch zu optimieren. Stauch,
der nicht nur selber an einem Entwurf der O-Jolle gearbeitet,
sondern auch bei von ihm bestrittenen Wettfahrten als Bester
abgeschnitten hatte, äußerte sich wie folgt:
"Zusammenfassend muß ich zunächst die grundsätzliche
Feststellung machen, daß die Boote lebendig und schnell sind.
Sie können von einem Mann bequem gefahren werden. Es wäre m.E.
unbedingt richtig, den Typ als solchen beizubehalten und nach den
vorliegenden Erfahrungen abzuändern." Stauch und andere
plädierten insbesondere für eine Vergrößerung der Breite und
Verringerung des Freibordes: "Als Breitenmaß für den Rumpf
wäre etwa 1,60 m dem bisher vorgegebenen Mindestmaß
vorzuziehen. Die Stabilität des Bootes würde, verbunden mit
niedrigerem Freibord, wesentlich besser sein".
Auch Dr. Behr forderte eine größere Breite zugunsten der
Stabilität: "Unter den Steuerleuten der Jollensegelei wie
auch bei dem Nachwuchs finden wir viele talentierte Kameraden,
die als Leichtgewichte mit durchschnittlichen 125 Pfund
gegenüber den großen Figuren von 180 Pfund und darüber im
Einhandboot bei Brise unverhältnismäßig stark benachteiligt
sind, während sich das schwere Gewicht bei Leichtwind nicht oder
kaum störend bemerkbar macht."
Die in der
Folgezeit gebauten Boote wurden auf der Basis der gewonnenen
Erkenntnisse abgeändert, wobei sich bei weiteren
Ausscheidungswettfahrten dann herausstellte, daß der von H.
Stauch entworfene Typ letztlich überlegen war. Bemerkenswert an
dieser Entwicklung war wohl, daß man sich langsam und überlegt
an die endgültige O-Jolle herantastete. Renommierte Segler
sprachen ein gewichtiges Wort mit. Die beste Lösung wurde in
Ausscheidungswettfahrten nachgewiesen.
Nach den Ausscheidungsregatten wurden sofort 100 Boote für die
Olympiade bei Buchholz in Potsdam gebaut. Die Segel schneiderte
Benrowitz, Berlin. Die Olympiade 1936 sorgte für einen
ausreichenden Bekanntheitsgrad und entsprechende Verbreitung des
neuen Bootstyps, aber dieser Entwicklung setzte der Krieg dann
ein Ende.
Zeitzeugen haben berichtet, daß die Regattatätigkeit bis 1943
ging und erste zaghafte Regatten in der O-Jolle nach dem Krieg in
Berlin schon wieder 1946 bei den Tourenseglern Grünau
durchgeführt wurden.
In den
Folgejahren entwickelte sich die Regattatätigkeit langsam und
stetig, aber wieder als olympische Klasse anerkannt zu werden,
blieb für die O-Jollensegler ein Traum. Andere Klassen, die für
moderner und schneller gehalten wurden, setzten sich durch.
Dies scheint sich auf die O-Jollenklasse zunächst nicht negativ
ausgewirkt zu haben, wie die Entwicklung des Bootsbestandes und
die Regattatätigkeit in der Klasse zeigt. Viele bedeutende
Segler blieben der O-Jolle treu und konnten durch ihr Beispiel
andere Segler zum Neueinstieg in die Klasse animieren. Die
späteren technischen Verbesserungen durch die Einführung des
flexiblen und trimmbaren Riggs bewirkten einen Schub in Richtung
höhere Geschwindigkeit und hat die Attraktivität des Bootes
zweifellos noch einmal erhöht, aber an diese Änderungen
erinnern sich inzwischen auch nur noch die älteren Segler.
Seither ist für das Boot, sieht man von der Einführung des
Doppelbodens und der Abschottung des Vor- und Achterschiffes
sowie den sporadisch aufkommenden neuen Segelschnitten einmal ab,
die technische Weiterentwicklung quasi stehen geblieben und die
Frage muß erlaubt sein, wie lange in der Klasse noch von der
Grundsubstanz (Nostalgie, handiges Schiff, solider Bootsbau und
allgemein anerkannte Geselligkeit der O-Jollensegler) gezehrt
werden kann, bis es keine ausreichende Zahl von Neueinsteigern
mehr gibt.
Ein Übriges tut die allgemeine Preisentwicklung, die die
Klassenführung mit Sorge erfüllt, ist ein Neupreis von über 25
TDM für eine Jolle doch wohl nicht gerade eine Einladung an
jüngere Segler, sich dem Segeln in dieser Klasse zu
verschreiben.
(Quellen: Jahresheft IOU 1980, YACHT 42/1933, Yacht 4/1957,
Vereinschronik TSG 1898)
Wer
übrigens mal eine originale O-Jolle aus dem Jahre 1936 bestaunen möchte,
kann das hier in einer Dauerausstellung tun:
Deutsches Sport & Olympia Museum in 50678 Köln, Rheinauhafen 1, 0221-3360/90 Fax /99 www.sportmuseum-koeln.de Sie ist öffentlich zugänglich und nicht irgend eine O-Jolle. Sondern . . . das Boot G 326 "Mien Jung" ("Rostock") des olympischen Silbermedaillen-Gewinners von 1936 Werner Krogmann !!! Das von der Werft W. Buchholz
(Berlin) gebaute Boot ist in gutem Zustand und bis auf das Schwert
komplett. |